Folgenschwere Krisen
Unsere Auslandshilfe-Bereichsleiterin Alexandra Blattnig-Rull weiß, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie weiterhin deutlich spürbar sind und was die Kostenexplosion aufgrund des Ukraine-Kriegs für die Menschen in unseren Projektländern heißt: “Die Folgen der Pandemie sind in vielen Ländern dramatisch. Schulen wurden geschlossen, Distance Learning war in Afrika nicht möglich. Die Nachwirkungen sind bis jetzt deutlich spürbar. Kindern wurde die Chance auf Bildung genommen. Viele von ihnen kehrten nach der Pandemie nicht mehr zurück in ihre Klassenzimmer. Junge Mädchen wurden zwangsverheiratet, die Zahlen der Teenager-Mütter stiegen drastisch. In vielen Ländern muss man vor allem im Bildungsbereich von einer verlorenen Generation sprechen.“
„Mit Beginn des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Kostenexplosion verschlechterte sich die schwierige Situation vor allem für die Kleinsten weiter. Die starken Preiserhöhungen auf Getreide und andere Rohstoffe sowie die dramatischen Folgen des Klimawandels sind gerade in Ostafrika deutlich spürbar und lösen etwa Hungersnöte aus. Starke Unterernährung bei Kindern sowie vermehrte Kindersterblichkeit sind die traurigen Folgen. Wir haben versucht, dieses und das Leid der Betroffenen des Ukraine-Krieges mit Hilfe der Kärntner Spender*innen etwas zu lindern. Nur einige Beispiele, wie uns das gelungen ist, lesen Sie im Laufe dieses Berichtes.“
Caritas goes Uganda
Unsere Mitarbeiter*innen legten in unserem Projektland Uganda gemeinsam mit Bischof Josef Marketz 2.200 Kilometer zurück, um zu erfahren wie die Hilfe bei den Menschen ankommt. In den acht Tagen haben die Reisenden etwa Sunday kennengelernt. Nach einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung über unser Projekt „Empowerment“ ist er mittlerweile erfolgreicher Hühnerfarmer. In Kotido besuchten wir jene Schule, bei deren Errichtung wir maßgeblich beteiligt waren und die wir auch im laufenden Schulbetrieb unterstützt haben. Bestaunt wurden auch die 18.000 Setzlinge unserer Spendenaktion im Rahmen von „For Forest“ (Klagenfurter Stadion), die mittlerweile zu kleinen und großen Bäumen herangewachsen sind.
Mehr als „nur“ Brot
Ein ganz besonderes Erlebnis war für die Reisegruppe aus Kärnten die feierliche Eröffnung und Segnung unserer zweiten Bäckerei in Uganda. Die Backstube in Moroto ist nun eine wichtige Brotlieferantin und Ausbildungs- sowie Arbeitsstätte für die Menschen der Region. Racheal (27) managt die Bäckerei und wünscht sich, dass diese ein belebter Platz mit einer gut gehenden Caféteria wird und sie bald auch Lehrlinge ausbilden kann. Ihre zwei Kinder – Oiore (3) und Maria (8) – leben bei ihrer Tante in ihrem Heimatort Soroti, eine stundenlange und teure Autofahrt entfernt. Sie sieht sie nur selten. Aber: „Dieser Job ist eine große Chance für mich“. Auch wenn es nicht immer einfach sei, die Mitarbeiter*innen zu leiten, ist sie auf ihr „stabiles Team“ stolz. Alles, was nicht verkauft werden kann, gibt sie ihren Mitarbeiter*innen mit, wofür diese sehr dankbar sind.
Lebensqualität erhöhen & CO2 sparen
Ein weiterer spannender Halt war im Ort Gulu. Dort werden 200 Biogasanlagen betrieben. Diese wurden durch unser Klimakompensationsprojekt GEN gemeinsam mit der BOKU Wien, der Caritas Gulu und der Gulu University sowie dank Spenden aus Kärnten errichtet. Damit können die Menschen vor Ort autark mit Biogas Mahlzeiten zubereiten. Wichtiger Nebeneffekt: Die CO2-Emissionen werden drastisch reduziert, und die Rodung von Waldflächen wird massiv eingeschränkt, weil das Kochen auf offenem Feuer entfällt. Die Besucher*innen aus Kärnten erlebten viel Dankbarkeit, als die Bewohner*innen Gulus ihnen stolz die Biogasanlagen sowie die modernen Kochstellen präsentierten.
Krieg im Herzen Europas
Der schreckliche Kriegsausbruch in der Ukraine hat Europa den Atem geraubt. Als Teil der Caritas Österreich, die seit knapp 30 Jahren in der Ukraine im Einsatz ist, haben wir so schnell wie möglich reagiert und zielgerichtete Hilfe geschickt: In den landesweiten Projekten richteten wir Notanlaufstellen in unter Beschuss stehenden Städten ein, verteilten Medikamente und Essen und versorgten Binnenvertriebene sowie geflüchtete Menschen in den Nachbarländern mit Trinkwasser, Hygieneartikeln & Co. Knapp vier Millionen Menschen wurden seit Kriegsbeginn von der Hilfe der Caritas in der Ukraine und mehr als 436.000 Menschen in den Nachbarländern erreicht.
So etwa in Polen. Von der Notwendigkeit der Hilfe hat sich unser Direktor Ernst Sandriesser mit Pfarrer Slawomir Czulak der Pfarre Millstatt in Zywiec – einer 30.000 Einwohner-Stadt im Großraum Krakau – überzeugt. Er begegnete in einem ehemaligen Seminarhotel Menschen auf der Flucht, wie Alina mit ihrem fünf Monate alten Baby Victoria und ihrem neunjährigen Sohn Daniel. Zehn Tage zuvor war sie noch Bankangestellte in Kiew. Sie könnte zu ihrer Schwester nach Italien, aber die junge Mutter möchte so nahe wie möglich an ihrem Zuhause bleiben, um schnell wieder zurückkehren zu können. Im Foyer des ehemaligen Hotels stapeln sich Hilfsgüter, Kinder rennen durch die Gänge, geflüchtete Frauen reden sich die Sorgen von der Seele, und Freiwillige geben sich die Klinke in die Hand. Die Hilfe wurde dringend gebraucht. Und: Unsere Hilfe geht natürlich auch 2023 weiter!
Nachhaltig Wasserknappheit bekämpfen
Das Ausmaß der Dürre im Norden von Marsabit (Kenia) war im letzten Jahr extremer als gewöhnlich. Das Vieh starb wegen des Mangels an Wasser und Futter, während die Menschen von einer Hungersnot bedroht waren und noch immer sind. Der Bedarf an humanitärer Hilfe im Norden Kenias hat seit dem Jahr 2011 stets zugenommen. Schwere Dürren führten zu wiederholten Ernteausfällen und einem weit verbreiteten Sterben des Viehs. Wir sind seit Jahren in Kenia aktiv und haben mit einem Nothilfeprojekt den Menschen in Marsabit County geholfen.
Neben den dringend benötigten regelmäßigen Wasserlieferungen an die betroffenen Familien haben wir auch langfristig einen Beitrag geleistet: Ein strategisches Bohrloch wurde von unserem Partner PACIDA in Tiigo – einem Ort mit Schule, einer Krankenstation, einer Kirche und mindestens 200 Haushalten – gebohrt. Der neue, ertragreiche "Brunnen" auf dem Schulgelände liefert jetzt Wasser an die Tiigo-Schule und die Bewohner*innen der Gemeinde. Damit kann die akute Wasserknappheit in der Gegend gelindert werden, vor allem Schulkinder und besonders vulnerable Menschen wie schwangere und stillende Mütter, Kinder unter fünf Jahren und Menschen mit Behinderungen werden nunmehr gut mit (Trink-)Wasser versorgt.
Ein Lächeln erwärmt Herzen
Wir ermöglichten auch im Vorjahr Freiwilligen, durch einen einjährigen Einsatz in die Lebensrealität von Uganda einzutauchen. Drei junge Frauen unterstützen das Team des Nsambya Babies-Home in Kampala. Sie zaubern den Kinden, die von der lokalen Polizei abgegeben werden, nicht nur ein Lächeln ins Gesicht, sondern schenken ihnen auch unbeschwerte Momente. Ob die Kinder nun eine Woche bleiben oder bereits mehrere Jahre im Babies-Home verbringen: Tagtäglich spielen, beten, trommeln, tanzen und singen sie gemeinsam. So unterschiedlich wie die Kinder sind, so unterschiedlich sind ihre Lebensgeschichten. Einige Kinder sind "verloren gegangen", sind Waisen, wurden ausgesetzt, entführt oder ihre Eltern sind temporär nicht in der Lage, sich um sie zu kümmern.
Umso mehr engagieren sich die „Mamas“ – das Team vor Ort und unsere Freiwilligen –, damit die Mädchen und Buben ihre traumatischen Erfahrungen zumindest für ein paar Augenblicke vergessen und ein wenig Kind sein können. Diese Momente sind äußerst wichtig, da sich die Kinder in einer instabilen Lebenssituation befinden, die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit erfordert. Die Schicksale der Kinder so hautnah mitzuerleben, ist für die jungen Frauen nicht immer leicht. Umso schöner ist es, wenn sie ihnen helfen und mit Kleinigkeiten etwas aufmuntern können. Denn: Ein kleines Lächeln kann manchmal schon ein großer Schritt in die richtige Richtung sein!